Nuoros Museen entdecken: Kulturtag auf Sardinien

„Non fare caso a me, io vengo da un altro pianeta… io ancora vedo orizzonti dove tu disegni confini.“ (Frida Kahlo)

(„Beachte mich nicht, ich komme von einem anderen Planeten… ich sehe noch Horizonte, wo du Grenzen ziehst.“)

Ein Satz, der an einer Hauswand in Nuoro steht. Handschriftlich, eindringlich, daneben ein farbenfrohes Porträt der Verfasserin dieser Zeilen, der mexikanischen Malerin Frida Kahlo – als wäre sie selbst durch die engen Gassen dieser sardischen Stadt geschritten.

Der Satz lässt mich nicht los. Er passt zu Frida. Und doch – er passt auch zu Sardinien.

Denn hier, mitten im wilden Herzen der Insel, trifft das Eigenwillige auf das Erhabene. Hier denkt man anders, fühlt man tiefer, bleibt man bei sich, auch wenn die Welt draußen ihre Linien zieht.

Und genau so beginnt mein Tag in Nuoro: inspiriert, neugierig, offen für das, was kommt!

Ein Tag voller Kultur, Kunst und Geschmack – vom eindrucksvollen MAN-Museum über das berührende Geburtshaus der Literaturnobelpreisträgerin Grazia Deledda bis zum stilvoll kuratierten Spazio Ilisso, das sardisches Kunsthandwerk in zeitgemäßem Licht zeigt. Dazu ein typisch sardisches Mittagessen, das nicht nur den Magen, sondern auch die Seele wärmt. Und als Krönung: Ein stiller Blick vom Monte Ortobene über das weite Land.

Nuoro ist nicht laut. Aber es sagt viel. Und manchmal flüstert es dir Horizonte ins Herz.

Ein Tag auf Einladung von Moby Lines und der Stadt Nuoro

Unsere Pressereise mit Moby Lines im April 2025 führte uns nicht nur zu den sonnenverwöhnten Küsten Sardiniens, sondern auch tief ins Landesinnere, in das pulsierende Herz der Insel. Unser erstes Ziel: Nuoro, eine Stadt, die sich an die Hänge des Monte Ortobene schmiegt und von der rauen, majestätischen Landschaft der Barbagia umgeben ist. Die berühmteste Tochter der Stadt, die Literaturnobelpreisträgerin Grazia Deledda, nannte ihre Heimat einst ehrfurchtsvoll das »Athen Sardiniens«. Ein ambitionierter Vergleich, dessen Wahrheit wir an einem einzigen, intensiven Tag auf den Grund gehen wollten.

Nuoro Sardinien Italien Pin
Hoch oben an den Hängen des Monte Ortobene thront die Provinzhauptstadt Nuoro auf Sardinien.

Dieser Tag in Nuoro sollte weit mehr als eine gewöhnliche Besichtigungstour werden. Es war ein tiefes Eintauchen in die sardische Seele des 20. Jahrhunderts – eine Entdeckungsreise, die uns von den Leinwänden moderner Meister über die Teller traditioneller Gerichte bis zu den Seiten eines Nobelpreisromans und schließlich auf den Gipfel eines heiligen Berges führen sollte. Begleite uns auf einem unvergesslichen Streifzug durch eine Stadt, die beweist, dass die wahre Kultur einer Region oft abseits der ausgetretenen Pfade zu finden ist.

Die kreative Kraft Sardiniens: Ein Vormittag im Zeichen der Kunst

Unser kultureller Streifzug durch Nuoro begann mit einem Doppelschlag, der uns unmittelbar in den kreativen Kosmos der Insel katapultierte. Die beiden wichtigsten Kunstmuseen der Stadt, das MAN und das Spazio Ilisso, liegen nur wenige Gehminuten voneinander entfernt und erzählen gemeinsam die faszinierende Geschichte der sardischen Kunst des 20. Jahrhunderts.

MAN – Wo die sardische Seele auf die Leinwand trifft

Mein Weg zu diesen Horizonten beginnt im MAN, dem Museum für moderne Kunst. Von außen ein klarer, moderner Bau, doch im Inneren explodiert die ganze kreative Kraft Sardiniens. Hier treffe ich auf die Giganten der Inselkunst: Die erdigen Skulpturen von Francesco Ciusa, die leuchtenden Farben von Giuseppe Biasi. Doch besonders Maria Lai zieht mich in ihren Bann. Mit ihren Fäden, die sie über Leinwände und durch Bücher spannt, scheint sie genau das zu tun, wovon der Satz an der Hauswand spricht: Sie verbindet Welten, webt Geschichten und schafft aus einfachen Mitteln unendliche Horizonte. Ihre Kunst fühlt sich nicht wie ein fertiges Werk an, sondern wie der Anfang einer Geschichte, die man selbst weiterspinnen möchte.

Doch wir bekommen an diesem Tag eine Sonderführung in den oberen Stockwerken des Kunstmuseums…

Sonderausstellung Giovanni Pintori: Geometrie mit Herzschlag

Was für ein Glück, dass wir genau jetzt in die Sonderausstellung über Giovanni Pintori stolpern. Ein Nuoreser, der Olivetti ein Gesicht gab – und zwar eines, das man nicht vergisst. Seine Methode: reduzieren, ordnen, aufleuchten lassen. Kreise, Linien, Zahlen. Aus fast nichts entstehen Tasten, Papier, Tempo. Weißraum wird Bühne. Farbe dient der Aussage, nicht dem Schmuck. Die Typo hat Haltung. Ruhig, präzise, und dann dieser kleine Dreh, der alles erklärt.

Die Plakate für die legendäre Lettera 22 zeigen das perfekt. Technik wird zur Metapher. Ein Punkt verwandelt sich in eine Taste. Ein Raster wird zum Blatt. Ein Pfeil zur Idee. Du siehst nicht nur ein Produkt, du spürst, wofür es steht: Leichtigkeit, Klarheit, Eleganz. Pintori denkt wie ein Ingenieur und erzählt wie ein Poet. Nichts ist Zufall, nichts ist zu viel. Sardische Einflüsse sind immer wieder zu finden.

Spannend sind auch die Zwischenstufen. Skizzen, Farbproben, kleine Collagen. Man erkennt, wie er an der Balance feilt. Wie ein Kreis um einen Millimeter wandert, bis das Plakat atmet. Diese Disziplin macht seine Werke zeitlos. Sie sprechen die Sprache der Moderne – und klingen heute noch frisch.

MAN Museo d'arte della Provincia di Nuoro Designer Giovanni Pintori Olivetti Lettera 22 Plakat Pin
Die Kofferschreibmaschine Olivetti Lettera 22 wurde schätzungsweise ganze zwei Millionen mal verkauft – nicht zuletzt dank starken Plakaten wie diesem.

Warum mich das berührt? Weil hier ein Sarde die Weltmarke versteht, ohne seine Herkunft abzulegen. Die Strenge der Form trifft auf die Weite der Insel. Präzision mit einem Hauch Melodie. Genau diese Mischung trägt seine Bilder so weit. Er ist der beste Beweis dafür, dass man keine Grenzen anerkennen muss. Ein Mann aus dem Herzen Sardiniens, der die visuelle Sprache einer globalen Marke definierte. Auch er hat Horizonte gesehen, wo andere vielleicht nur die Abgeschiedenheit der Insel gesehen hätten.

Die Werke des Ausnahme-Grafikdesigners findet man mittlerweile in den größten Kunstmuseen der Welt, etwa im Museum of Modern Art (MoMA) in New York, im Centre Pompidou in Paris oder im Victoria & Albert Museum in London – und das völlig zurecht.

Praktische Info: Das MAN (Museo d’arte della Provincia di Nuoro) hat von Dienstag bis Sonntag von 10:00 bis 19:00 Uhr geöffnet. Mehr dazu findest du auf der Webseite museoman.it.

Unterwegs zum nächsten Museum: Streetart in Nuoro

Spazio Ilisso – Wo Kunst greifbar wird

Nur ein paar Schritte weiter, und die Welt fühlt sich schon wieder anders an. Das Spazio Ilisso empfängt mich in der warmen Atmosphäre eines alten Bürgerhauses, der Casa Papandrea. Hier wird die Kunst greifbar. Während im MAN die Malerei dominiert, kann ich hier die Skulpturen und Keramiken mit den Augen abtasten.

Innenhof Kunstmuseum Spazio Ilisso Nuoro Sardinien Italien Pin
Im malerischen Innenhof des Kunstmuseum Spazio Ilisso in Nuoro auf Sardinien.

Ich stehe vor den beeindruckenden Werken von Francesco Ciusa, Eugenia Tavolara, Salvatore Fancello und Costantino Nivola und spüre die raue, ehrliche Kraft des Materials. Es ist, als wäre die wilde Landschaft Sardiniens in diese Formen geflossen. Der Skulpturengarten ist eine Oase, ein Ort, um kurz durchzuatmen und die Eindrücke wirken zu lassen, bevor die Reise weitergeht.

Praktische Info: Das Spazio Ilisso ist montags geschlossen, hat dienstags nur nachmittags auf und ist von Mittwoch bis Sonntag von 10:00 bis 13:00 Uhr und von 15:00 bis 19:00 Uhr für dich da. Alle Details gibt es auf spazioilisso.it.

Casa Ruiu – Ein Horizont für den Gaumen

Garten Restaurant Casa Ruiu Nuoro Sardinien Italien Pin
Im großen Garten des Restaurant Casa Ruiu in Nuoro war der sardische Frühling bereits in voller Blüte.

Kultur geht in Nuoro auch durch den Magen, das sollten wir bei einem ausgiebigen sardischen Menü erfahren. Das Mittagessen im Casa Ruiu war keine bloße Pause, es ist der nächste Akt im sardischen Theater der Sinne. Die Küche hier ist wie die Kunst, die ich gerade gesehen habe: authentisch, tief verwurzelt und ohne Schnörkel.

Köstliche Antipasti in Form von Pane Carasau, dem typisch sardischem Hirtebrot, sowie lokal erzeugter Wurst und Käse. Jeder Bissen des langsam geschmorten Spanferkels erzählt von den Bergen, den Hirten und der Geduld. Das ist kein Essen, das Trends folgt. Es ist ein Geschmack, der bleibt. Ein Horizont, der sich auf der Zunge entfaltet.

Mein persönliches Highlight war jedoch die grandiose sardische Lasagne aus dem Hirtenbrot Pane Carasau: Pane Frattau!

Restaurant Casa Ruiu Sardische Lasagne Pane Frattau Nuoro Sardinien Italien Pin
Köstliche Sardische Lasagne „Pane Frattau“.

Praktische Info: Eine Reservierung ist hier in Nuoro empfehlenswert, alle Infos findest du auf https://www.casaruiu.com/.

Casa Deledda – Im Haus einer Frau, die Grenzen sprengte

Der nächste Weg führt unsere kleine Gruppe zu einer Frau, die selbst ein wandelnder Horizont war: Grazia Deledda. Ihr Geburtshaus zu betreten, ist eine intime, fast ehrfürchtige Erfahrung.

Es ist, als würde man durch die Seiten ihres Lebens gehen. Man spürt in diesen einfachen, stillen Räumen den unbändigen Willen eines jungen Mädchens, das sich gegen alle Konventionen der Zeit zur preisgekrönten Schriftstellerin durchgekämpft hat.

Museo Deleddiano e casa natale di Grazia Deledda Medaille Literaturnobelpreis Nuoro Sardinien Italien Pin
Unglaublich: Mitten in dieser unscheinbaren Stadt namens Nuoro liegt Grazia Deleddas Medaille für den Literaturnobelpreis.

Und dann stehe ich direkt davor: Hinter Glas liegt die Medaille des Literaturnobelpreises von 1926. Ein kleines, goldenes Ding in einem bescheidenen Haus in einer Stadt mitten auf einer Insel. In diesem Moment wird der Satz von Frida Kahlo greifbar. Das ist der ultimative Beweis, dass wahre Größe keine Grenzen kennt.

Museo Deleddiano e casa natale di Grazia Deledda Urkunde Literaturnobelpreis Nuoro Sardinien Italien Pin
Die Urkunde der königlich schwedischen Akademie für den Literaturnobelpreis 1926.

Aus der Nobelpreisrede von Grazia Deledda, die sie am 10. Dezember 1927 in Stockholm hielt:

„Ich habe mit den Winden gelebt, mit den Wäldern, mit den Bergen; ich habe Tage, Monate und Jahre das langsame Ziehen der Wolken am sardischen Himmel betrachtet; tausend und abertausendmal habe ich den Kopf an Baumstämme, an Steine, an Felsen gelegt, um die Stimme der Blätter zu hören, das, was das fließende Wasser erzählte; ich habe die Morgenröte, den Sonnenuntergang, das Aufgehen des Mondes in der unermesslichen Einsamkeit der Berge gesehen; ich habe die Lieder und die traditionelle Musik sowie die Märchen und Gespräche des Volkes gehört – und so hat sich meine Kunst geformt, wie ein Lied oder ein Motiv, das spontan von den Lippen eines ursprünglichen Dichters hervorquillt.“

Diese Worte fassen perfekt Deleddas literarische Philosophie zusammen: Ihre Kunst wurzelte in der intensiven Beobachtung und dem spirituellen Erlebnis der sardischen Landschaft und Kultur. Die Zeilen sind zu einem der bekanntesten Zitate der italienischen Literatur geworden und symbolisieren die untrennbare Verbindung zwischen der Nobelpreisträgerin und ihrer Heimatinsel Sardinien.

Auch Kahlos Blick auf Horizonte statt Grenzen findet in Deleddas Nobelpreisrede sein Echo: Aus Wind, Wäldern und Bergen wächst eine Kunst, die Weite sucht – nicht Einengung.

Praktische Info: Die Öffnungszeiten können sich saisonal ändern, schau also am besten vor deinem Besuch auf distrettoculturaledelnuorese.it nach den aktuellen Zeiten.

Mehr zur sardischen Nobelpreisträgerin aus Nuoro gibt es auch auf WikiPedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Grazia_Deledda

Monte Ortobene – Wo alle Horizonte zusammenfließen

Zum Abschluss des kulturreichen Tages fahren wir hinauf auf den Monte Ortobene, den Hausberg Nuoros. Der perfekte Ort, um all diese Gedanken und Eindrücke zu sammeln.

Die beeindruckende Christus-Erlöser-Statue (Statua del Redentore) auf dem Monte Ortobene entstand zum Heiligen Jahr 1900 auf Initiative von Papst Leo XIII. und eines Nuoreser Komitees. Der kalabrische Bildhauer Vincenzo Jerace schuf das über sieben Meter hohe Monument; das Komitee finanzierte Guss und Transport von Neapel. Eingeweiht wurde es am 29. August 1901.

Jerace selbst fehlte wegen des frühen Todes seiner Frau Luisa, der er eine Widmung in die rechte Hand der Statue eingravierte. 1905 kam eine Gedenkplatte mit einem Epigraph von Grazia Deledda hinzu; am Sockel stehen Zitate von Papst Leo XIII. und Papst Franziskus.

Ausblick Monte Ortobene Nuoro Sardinien Italien Pin
Der Ausblick vom Monte Ortobene auf sardische Stadt Nuoro.

Während der Wind durch die Korkeichen streicht, blicke ich hinunter auf die Stadt Nuoro und die unendliche Weite der Barbagia.

Ausblick Barbagia Monte Ortobene Nuoro Sardinien Italien Pin

Hier oben sehe ich ihn endlich ganz klar vor mir: Den Horizont, von dem Frida Kahlo sprach. Das ist die Landschaft, die Grazia Deleddas Romane atmen. Das sind die Farben und Formen, die ihre Künstler inspirierten. Das ist das Land, das den Geschmack auf meinem Teller hervorbrachte. Alles fließt hier oben zusammen. Ein stiller, erhabener Moment, der lange nachklingt.

Nuoro hat mir gezeigt, dass die schönsten Horizonte oft dort beginnen, wo man Grenzen vermutet. Es ist eine Reise, die ich jedem nur ans Herz legen kann.

Praktische Info: Der Berg ist jederzeit frei zugänglich. Weitere Infos findest du auf der Tourismus-Seite sardegnaturismo.it.

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Disclaimer: Dieser Beitrag über die Nuoro und seine Museen entstand mit freundlicher Unterstützung durch Moby Lines und die Handelskammer Nuoro. Vielen Dank dafür.

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Kreuzfahrt- und Reiseblogger at  | fernweh@gmx.com | Website |  + posts

Daniel Dorfer | Reisejournalist (VDRJ): Mit der Erfahrung aus über 40 Ländern und von 40+ Kreuzfahrten (u.a. als Crew-Mitglied) schreibt er heute als Familienvater ehrliche Reisetipps für ganz normale Urlauber. Mehr erfahren...

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