Achtung: Dieser Blogartikel richtet sich, wie in Teil 1 mit den Grundlagen zur Kreuzfahrt, bereits ausführlich erwähnt, vornehmlich an Menschen die noch nie auf einem Kreuzfahrtschiff waren. Dennoch freue ich mich über konstruktive Kommentare von erfahrenen Kreuzfahrern – diesmal zum Thema Seetag.
Weiter geht es in Teil zwei der ausführlichen Antwort auf die Leserfrage “Wie sieht ein typischer Tag auf Kreuzfahrt aus?” hier im Kreuzfahrtblog nach dem Frühstück am ersten Morgen an Bord… Doch oft ist der erste komplette Tag auf dem Kreuzfahrtschiff ein Seetag und dann heißt es noch vor dem in See stechen:
Probealarm, Probealarm – Seenotrettungsübung!
Diese muss nach internationalen Vorschriften entweder vor oder innerhalb der ersten 24 Stunden nach dem Ablegen des Schiffes stattfinden. Jeder Kreuzfahrtpassagier, sowie die gesamte Crew müssen mitmachen – da gibt es keine Ausnahmen. Es ist der einzige Pflichttermin einer jeden Kreuzfahrt. Wer nicht spurt wird auf manchen Schiffen sogar zum Kapitän zitiert, aber angenehm wird dieses “Meet and Greet” dann sicher nicht.
Die Uhrzeit ist je nach Reederei und Route unterschiedlich, seit dem schrecklichen Untergang der Costa Concordia wird die Übung meist noch vor dem Ablegen oder am Abend kurz danach durchgeführt. In manchen Fällen sogar erst am nächsten Morgen zwischen 9:00 und 11:00 Uhr. Also schnappt man sich beim Ertönen des Signals die Rettungsweste von seiner Kabine, begibt sich zu Fuß, ohne den Aufzug zu benutzen auf seine in der Kabine gekennzeichnete Musterstation nahe den Rettungsbooten und folgt einfach den Anweisungen der normalerweise gut ausgebildeten Schiffsbesatzung – die machen das übrigens mindestens genauso ungern wie die Kreuzfahrtpassagiere. Wer erst später auf der Route zusteigt wird eventuell auch zu einer kurzen Nachschulung im Theater eingeladen.
Die gut ausgebildeten Crewmitglieder warten müde, aber stets gut gelaunt auf weitere Anweisungen bei der Seenotrettungsübung.
Tunlichst vermeiden sollte man es im Übrigen aus Langeweile in die kleine Trillerpfeife an der Schwimmweste zu pusten, denn man weiß nie wer da vorher schon hineingespuckt hat. Nach spätestens einer halben Stunde ist dieses erste “Highlight” einer jeden Kreuzfahrt dann auch vorbei und man kann sich getrost der weiteren Tagesplanung hingeben…
Was ist ein Seetag?
Die einen lieben ihn, die anderen hassen ihn und wieder andere wissen nicht viel damit anzufangen. Dabei ist der Seetag ein wundervoller Tag, in der Regel vollkommen frei vom Termindruck, wie etwa bei einem gebuchten Landausflug. Ausschlafen, entspannen und Zeit lassen – das ist das Credo am Seetag. Im Pool planschen, ein Sonnenbad auf dem Pooldeck nehmen, dazu ein gutes Buch in der Hand oder ein Film auf dem Tablet.
Das riesige Kreuzfahrtschiff und seine Einrichtungen erkunden oder einfach nur mit einer Tasse Kaffee an der Reeling sitzen und das Kielwasser beobachten, das tut gut. Einfach entspannt ankommen und der Seekrankheit gar keine Chance geben. Für die extrem Unternehmungslustigen heißt es die Bordzeitung studieren und die gesamte Vielfalt des angebotenen Bordprogramms ausnutzen.
Was tut man an einem Seetag auf dem Kreuzfahrtschiff?
Wie bereits in Teil 1 dieser Reihe erwähnt ist der Seetag nicht etwa nur dazu da um das Kreuzfahrtschiff besser kennen zu lernen und sich an die gesunde Seeluft zu gewöhnen. Nein, den meisten Reedereien geht es eher um den Umsatz an Bord und das ist ja auch okay, denn die großen Kreuzfahrtanbieter unterbieten sich mittlerweile nicht zuletzt wegen Corona gegenseitig mit den Preisen und müssen das fehlende Geld irgendwo wieder reinholen. Gut für den Passagier, der seine Kreuzfahrt billig buchen kann, aber ab und an etwas nervig wenn man an Bord einfach nur seine Ruhe haben möchte.
Pooldeck auf dem Kreuzfahrtschiff AIDAvita.
Natürlich kann man sich je nach Fahrgebiet und Jahreszeit am Seetag einfach nur auf dem Pooldeck faul in die Sonne legen und sich von Musik und Animation berieseln lassen, aber dabei bleibt es nicht immer.
Hier mal der Worst-Case am Seetag:
Da shaken die (Hotel-)-Offiziere in ihren weißen Operetten-Uniformen sogenannte Cocktails aus irgendwelchen Säften und Spirituosen, meist ohne den geringsten Schimmer zu haben was sie da eigentlich tun – Hauptsache es knallt gut rein!
An der Station für den Handtuchwechsel direkt nebenan ist zufälligerweise auch gleich der Poolshop mit tollen Souvenirs von Bord. Ein eifriger Schwadron von Fotografen lauert an jeder erdenklichen Ecke, nur um am Abend ein schnell geknippstes, völlig überteuertes und lieblos automatisiert mit Photoshop nachbearbeitetes Foto in einer Galerie des Grauens auszustellen. Wenn man diese Fotos dann wirklich haben will muss man es erst einmal an riesigen Fotowänden unter tausenden anderen raussuchen und berappt dafür dann auch 15 bis 25 Euro – pro Stück, wohl gemerkt! Auf Kreuzfahrt sparen geht eindeutig anders…
Kreuzfahrtblogger Daniel Dorfer auf einem typischen Empfangsfoto des Bordfotografen auf dem Kreuzfahrtschiff MSC Sinfonia.
Selbstverständlich haben all diese Herrschaften und Angebote an Bord ihre Daseinsberechtigung, aber genauso hat jeder Passagier auf Kreuzfahrt sein Recht dazu Nein zu sagen und einfach weiter zu gehen. Und es ist auch nicht auf jedem Kreuzfahrtschiff so…
Wer davor Ruhe haben will kann auf einigen Kreuzfahrtschiffen gegen Aufpreis auf das Topdeck wechseln und in einem VIP-Bereich nur für Erwachsene die Ruhe genießen. Auch der Zutritt zur Sauna und zum Wellnessbereich sind gegen Gebühr möglich. Das Fitnessstudio hingegen ist kostenlos und daher meist auch recht gut besucht, ebenso wie diverse andere Sportangebote von Wasser-Aerobic über den Tanzkurs bis hin zu Basketball, Fußball, Volleyball, Tischtennis, Shuffleboard oder einer Kletterwand.
Kostenloser Tanzkurs am Seetag im Center der us-amerkanischen Royal Carribbean Vision of the Seas.
Geld verlangt wird wiederum für Golf- oder Yoga-Kurse, denn hierfür sind eigene, professionelle Trainer an Bord. Auch die Kaffee-Verkostung, das Whiskey-Tasting oder das Cocktail mixen mit einem professionellen Barkeeper sind in der Regel nicht im eventuell vorab günstig gebuchten Getränkepaket enthalten.
Früchte schnitzen mit dem netten thailändischen Schiffskoch, eine hawaiianische Lei basteln auf Hawaii-Kreuzfahrt, Shuffleboard, Tischtennis oder der Treff zum Skat sind hingegen wieder kostenlos, bedürfen aber aufgrund der beschränkten Teilnehmerzahl einer vorherigen Anmeldung und / oder der Hinterlegung einer Sicherheit an der Rezeption.
Etwas anders sieht es auf einem Windjammer auf Kreuzfahrt, wie etwa der Royal Clipper, an einem Seetag aus. Hier darf man sich, wenn man es möchte, als Passagier zusammen mit den Matrosen um die Takelage kümmern, gut abgesichert auf den Mast steigen oder einfach im großen Netz am Bug die Seele baumeln lassen. Das ist Seefahrt pur und macht riesig Spaß, wenn man den Berichten glauben darf.
Wer die jeden Abend brav seine auf die Kabine gelieferte Bordzeitung liest, kann das mannigfaltige Angebot an Aktivitäten für den kommenden Tag nach eigenem Gusto aussortieren und gut planen. Also keine Panik, lieber Kreuzfahrtneuling, das ist nicht anders als in einem Clubhotel an Land, zumindest auf den Kreuzfahrtschiffen der großen Reedereien. Hier gilt die einfache Faustregel: Je teurer das Schiff, desto geringer die Belästigung.
Es gibt natürlich jede Menge andere, wesentlich ruhigere Optionen seinen solchen Seetag auf dem Meer zu genießen, selbst bei Regen auf Kreuzfahrt. Und auch wenn das Wetter auf dem Mittelmeer oder in der Karibik schön ist findet sich immer noch ein ruhiges Plätzchen, im Zweifelsfall in seiner eigenen Fenster- oder Balkonkabine auf dem gebuchten Traumschiff. Unterwegs mit den Postschiffen der Hurtigruten gibt es vor der artenreichen Küste von Norwegen immer viel zu beobachten – ich sage nur Whalewatching!
Eine gemütliche Balkonkabine auf dem Kreuzfahrtschiff MSC Preziosa.
Was gibt es zum Mittagessen auf Kreuzfahrt an einem Seetag?
An einem Seetag versucht man die Passagiere bei bester Laune zu halten und am Besten klappt das sowieso immer mit Essen. Daher wird bevorzugt auf den sommerlich warmen Routen, gerne schon gegen 11:00 Uhr, auf dem Pooldeck ein großes Barbecue aufgestellt. Wer sich mit verschwitzt glänzenden, halbnackten Mitreisenden in die Schlange am Büffet einreihen möchte kann dies gerne tun, es gibt aber auch wesentlich appetitlichere Möglichkeiten.
Da man Vollpension gebucht hat und auf einem Kreuzfahrtschiff auch eher schlecht auswärts Essen gehen kann, wird natürlich auch in den Restaurants gekocht, gebacken und serviert was das Zeug hält. Auf den großen Schiffen gibt es sowieso fast rund um die Uhr Snacks für den “kleinen Hunger zwischendurch”, gerne als Fastfood in Form von Burger, Hot Dog, Pommes, Pizza und Pasta. Dieses Angebot wird zur Mittagszeit noch einmal mit Salaten, Suppen und anderen Leckereien aufgestockt und dem Gast in bester Kantinenqualität kredenzt.
Was man zu diesen Spitzenzeiten in den Restaurants auf so manchem Kreuzfahrtschiff hingegen oft vergeblich sucht, ist ein Kellner der die Getränke bringt – selbst wenn man dafür außerhalb des Getränkepaketes bezahlen möchte. Gott sei Dank gibt es noch Kreuzfahrtschiffe, auf denen all das selbstverständlich ist, oder man sich selbst an Getränkeautomaten bedienen kann, dafür zahlt man aber auch von Anfang an etwas mehr.
Natürlich geht es auf jedem Kreuzfahrtschiff gegen Aufpreis auch exklusiver und ruhiger, mit Top-Service und frischen Delikatessen in den diversen Themen- und Spezialitäten-Restaurants an Bord. Vom Steakhouse über den Nobel-Italiener bis hin zur Sushi-Bar gibt es je nach Kreuzfahrtschiff und Reederei verschiedenste Angebote – ganz nach Laune und Größe des Geldbeutels.
Was tun Kinder an einem Seetag auf einem Kreuzfahrtschiff?
Keine Panik: Da muss man nicht das halbe Kinderzimmer in die Koffer packen. Auch für Kinder auf Kreuzfahrt ist an einem solchen Seetag bestens gesorgt. Die kostenlose Kinderbetreuung beginnt auf manchen Kreuzfahrtschiffen – und ganz besonders in der Ferienzeit – schon mit dem Frühstück und erstreckt sich mit einfallsreichen Beschäftigungen über den ganzen Tag. Spielen, basteln und Spaß haben in unterschiedlichen, nach dem Alter sortierten Gruppen, stehen dabei an oberster Stelle und die erholten Eltern freuen sich am Abend über müde und glückliche Kinder.
Kinderbetreuung mit Lego im Junior-Club bei MSC.
Hier kann man auch ein Kreuzfahrtschiff basteln.
Wo kann ich am Seetag rauchen auf einem Kreuzfahrtschiff?
Diese überlebenswichtige Frage für Raucher ist schnell beantwortet: In abgegrenzten Bereichen auf dem Pooldeck und auf manchen Kreuzfahrtschiffen in einer speziellen Raucherlounge / Cigarlounge mit angeschlossener Bar.
Rauchverbot gilt auf der Kabine und bei vielen Reedereien sogar auf dem eigenen Balkon. Das hat aber weniger mit dem Schutz der Gesundheit, als mit der Angst vor Feuer auf dem Schiff zu tun. Also bitte bei der Buchung genau schauen wie das geregelt ist. Hier gibt es detaillierte Infos rund um das Rauchen an Bord: https://www.cruisetricks.de/rauchen-am-kreuzfahrtschiff-akzeptieren-oder-verbieten/.
Im Grunde kann man sich je nach Kreuzfahrtschiff, Reisebudget, Lust und Laune seinen ganz persönlichen Seetag an Bord eines Kreuzfahrtschiffes gestalten – langweilig geht anders!
Übrigens: Trotz all der bisher teilweise auch sarkastisch etwas überspannten negativen Punkte in diesem ehrlichen Blogbeitrag macht die erste Kreuzfahrt oft schon süchtig nach Meer! Ich kenne als ehemaliges Crewmitglied halt auch die andere Seite und weiß einiges darüber zu berichten…
“Ein schlechter Tag auf Kreuzfahrt ist immer noch besser als ein guter Tag auf Arbeit.”
(Diesen Spruch mit dem Kielwasser im Regen kann man einfach anklicken und downloaden! Mehr tolle Fernwehsprüche gibt es hier: https://fernwehblog.net/was-ist-dein-liebster-spruch-zum-thema-fernweh/)
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Wie sind Eure Erfahrungen auf Kreuzfahrt, speziell am Seetag?
Ich freue mich über Eure Kommentare!
Disclaimer: Dieser Beitrag zum Thema Seetag auf Kreuzfahrt wurde in keiner Form gesponsert und entspringt den Erfahrungswerten von mittlerweile mehr als 30 Kreuzfahrten mit unterschiedlichen Reedereien weltweit – sowohl als Passagier, als auch als Crewmitglied. Alle Fotos stammen von meinen eigenen Kreuzfahrten und diversen damit verbundenen Seetagen.
Servus & Ahoi, hier schreibt der Kreuzfahrtblogger und Reiseblogger Daniel Dorfer, Mitglied in der Vereinigung Deutscher Reisejournalisten. Früher als Crewmitglied an Bord der AIDA-Flotte auf Kreuzfahrt, inzwischen mit Familie und Hund auf Reisen um anderen Reisenden in meinem Reiseblog die Welt zu zeigen und Tipps zu geben. Hier gibt's mehr über mich...